Wie sieht ein optimales Angebot für ein Lektorat aus?

Wie detailliert sollte ein Angebot für ein Lektorat sein? Wann ist ein Probelektorat sinnvoll? Was, wenn sich im Laufe der Textbearbeitung herausstellt, dass der Arbeitsaufwand größer ist als im Angebot angegeben? Zum Themenabend „Angebote schreiben“ trafen sich Kolleginnen der Regionalgruppe Köln/Bonn online. An Beispielen tauschten sie ihre Erfahrungen zum Optimieren der eigenen Angebote aus.

Was sollte in einem Angebot stehen? Probelektorat – ja oder nein? Was tun, wenn sich im Laufe der Textbearbeitung herausstellt, dass der Arbeitsaufwand größer ist oder wird?

Über diese und weitere Fragen tauschten sich 13 Kolleginnen der Regionalgruppe (RG) Köln/Bonn online aus. Der Themenabend lief unter der Überschrift „Kollegiales Coaching“ und war entsprechend interaktiv angelegt. Die Planung und Moderation des Treffens hatte Inga Beißwänger übernommen.

Zunächst wurden Erfahrungen und best practices geteilt. Außerdem schauten wir uns ganz praktisch „echte“ (zuvor anonymisierte) Angebote an, die wir einst erstellt hatten.

Jedes Angebot ist anders

Kein Text ist wie der andere, daher ist auch jedes Angebot anders. Was die Kalkulation nicht immer leicht macht. Gut ist es, auf Erfahrungswerte zurückgreifen zu können. Auf jeden Fall braucht es vorab so viele Informationen über den möglichen Auftrag wie möglich. Nur so kann ein passgenaues Angebot fürs Lektorat oder Korrektorat erstellt werden. Zum Vergleich: Ein Maler muss ja auch die Größe der Wandfläche wissen, die er streichen soll, damit er anhand der Daten die Farbmenge und Arbeitszeit berechnen kann.

Weitere Punkte in Sachen Angebot fürs Lektorat:

  • Handelt es sich um potenzielle Neukundschaft oder um eine langjährige Zusammenarbeit? Bei letzterem können beide Seiten aus den Erfahrungen schöpfen und es braucht kein ganz so detailliertes Angebot mehr.
  • Wo/wie kam der Erstkontakt zustande (z. B. Angebotsanfrage über die VFLL-Mailingliste, Weiterempfehlung, eigene Internetseite bzw. Social-Media-Kanal)? Eng damit verbunden: Wie erfolgt die Kommunikation über den möglichen Auftrag?

Wer zum ersten Mal ein Lektorat anfragt, ist sich vielleicht nicht bewusst, was genau er oder sie braucht. Dann liegt es an dem/der Lektor*in, erstmal herauszufinden, ob und wie sie/er unterstützen kann.

Telefon oder Mail?

Wir diskutierten auch die Frage, ob es beim Erstkontakt hilft, miteinander zu telefonieren. Nicht nur, um die benötigten Informationen über den Text (Genre? Zielgruppe? Länge? Deadline? etc.) und die Dienstleistung (Lektorat? Korrektorat? Coaching? Gutachten? etc.) zu bekommen, sondern auch, weil man im Gespräch besser abschätzen kann, ob „die Chemie stimmt“. Das kann mit entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sein, die zur Zufriedenheit beider Seiten verläuft.

Als „mutig“ bezeichnete eine Kollegin bei einem Angebot, dass dieses abgegeben worden war, ohne den Ausgangstext zu kennen. Zumal es sich um einen langen Text von über 700.000 Zeichen handelte. Das sollte die Ausnahme von der Regel sein, nach der die Lektorin zumindest einen repräsentativen Ausschnitt des Textes gesehen haben sollte. Erst dann lässt sich der Aufwand beurteilen. Was dem Maler die Wandfläche, ist der Lektorin der Text.

Und beim „Sehen“ bliebt es meist nicht. Sondern mit einem Textteil erstellt die Lektorin ein Probelektorat. Zum einen, um den Aufwand noch besser abschätzen zu können und daraus das Angebot zu berechnen. Zum anderen, weil der/die potenzielle Neukund*in an dem bearbeiteten Text sieht, wie der/die Lektor*in arbeitet und ob er/sie etwas mit den Änderungsvorschlägen anfangen kann. Bei Bestandskundschaft kann auf ein Probelektorat auch verzichtet werden, sofern die Texte ähnlich wie bei vorherigen Aufträgen sind.

Was steht im Detail im Angebot?

Wir waren uns einig, dass ein Angebot an sich nicht detailliert genug sein kann (mit Ausnahme der Bestandskundschaft, s. o.). Zum einen sollte aufgelistet sein, was das Lektorat umfasst – und was nicht. So werden Missverständnisse möglichst vermieden. Außerdem zeigen wir Lektor*innen damit, was wir alles können!

Hilfreich bei diesem Punkt waren Listen, die einst in einem Textworkshop der RG unter der Leitung von Dr. Hildegard Mannheims (†) entstanden waren. Also etwa

  • Redundanzen entfernen
  • Sprachschnitzer beseitigen (ggf. mit alternativer Formulierung)
  • Konsistenzprüfung
  • grobes oder vertieftes Fact-Checking (etwa Nachrechnen von Mathe-Aufgaben im Schulbuchlektorat),

um nur vier wichtige Punkte zu nennen.

Je nach Kundschaft kann es sinnvoll sein, die einzelnen Punkte kurz zu erläutern, etwa: „Detailtypografie (z. B. richtige Anführungszeichen, richtige Längen von Gedanken- und Bindestrichen)“

Ebenso sollten auf der Rechnung Positionen nicht fehlen, die nichts mit der direkten Textarbeit zu tun haben, etwa Handling/Kommunikation oder Direktkontakt zur Autor*in.

Weitere wichtige Punkte, die vorab geklärt und im Angebot auftauchen sollten: Wie viele Lektoratsdurchgänge beinhaltet das Angebot und bis wann wird der Auftrag ausgeführt? Soll es ganz schnell gehen, ist ein Eilzuschlag denkbar.

Wie geht es weiter?

Bestenfalls wird das Angebot angenommen. Das sollten wir uns immer schriftlich bestätigen lassen.

Auch andere wichtige mündliche Absprachen, etwa die Bearbeitung (und Zahlung) in Teilen, sollten schriftlich festgelegt werden.

Falls sich im Laufe der Bearbeitung herausstellt, dass der Arbeitsaufwand größer ist als im Angebot genannt, sollte die Lektorin so früh wie möglich auf die Kund*in zugehen. Gute Kommunikation ist hier (wie überall) alles. Ist der Mehraufwand begründet, ist es nach der Erfahrung der RG-Kolleginnen auch kein Problem, den Mehraufwand zusätzlich in Rechnung zu stellen.

Fazit: Auch mit Kleinigkeiten lässt sich ein schon gutes Angebot für die Dienstleistung Lektorat optimieren. Ein optimales Angebot erhöht wiederum die Chance, den Auftrag zu erhalten. Und selbstverständlich trägt ein optimales Angebot zu einer erfreulichen und bestenfalls langjährigen Zusammenarbeit von Lektor*in und Kund*in bei.

Am Ende nahm jede Teilnehmerin etwas für sich und ihren Arbeitsalltag mit.

Teilnehmerinnen der Onlineveranstaltung aus der Regionalgruppe Köln/Bonn

Zehn der insgesamt dreizehn Teilnehmerinnen des Themenabends der Regionalgruppe Köln/Bonn, Screenshot: (c) Inga Beißwänger

 Beitragsbild: (c) geralt / pixabay


Mehr Infos zur Regionalgruppe Köln/Bonn auf der VFLL-Website


Zum Nachlesen weitere Veranstaltungen der Regionalgruppe Köln/Bonn:

Kollegiales Coaching zum Thema Facebook (2016)
Kollegiales Coaching: in Workshops Wissen teilen (2014)
Detailtypografie – das ungeliebte Stiefkind. Oder: Worum sich Lektoren alles kümmern (2014)


Mehr zum Thema VFLL-Veranstaltungen im digitalen Raum:

Themenabend goes online (2021)
Austausch vor Ort oder online? Lieber gleich hybrid! (2020)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert