VFLL-Mitglied Walter Greulich, Lucy Metzger und Christine Vaughan (rechts)

Vom Leid mit dem jungen Apostrophen

Walter Greulich, freier Lektor und Indexer, besuchte als VFLL-Botschafter die gemeinsame Konferenz der „Society for Editors and Proofreaders“ und der „Society of Indexers“. Im englischen York trafen sich die gut 200 Teilnehmer zu Diskussionen, Workshops, Networking und Vorträgen. Außerdem schauten sie durch die Kristallkugel in die Zukunft der Publishing-Branche.

Von Walter Greulich

Die Konferenz der „Society for Editors and Proofreaders“ (SfEP) und der „Society of Indexers“ (SI) findet im Derwent College statt, das auf dem Gelände der University of York liegt. Alle Teilnehmer (bis auf die aus der näheren Umgebung) sind auf dem Campus untergebracht.

Kurze Beschreibung des Ablaufs

Die Konferenz beginnt am 5.9., einem Samstag, vormittags mit den „Pre-Conference Sessions“, die alle technischen Themen gewidmet sind, jeweils etwa eine Stunde dauern und insgesamt bis etwa 15.30 h gehen. Danach kommen die offizielle Anmeldung und die General Meetings. Der Tag klingt mit dem gemeinsamen Abendessen aus.

Sonntag, 6.9.: Der Tag ist in drei Blöcke eingeteilt:

  • eine „Vorlesung“ zu einem allgemeinen Thema aus der Verlagswelt (für das Plenum),
  • parallel laufende Arbeitssitzungen und
  • „Something-for-everyone sessions“, die teilweise zweimal hintereinander veranstaltet werden und insgesamt auch wieder parallel laufen. Eine Besonderheit bei den „Something-for-everyone sessions“ sind die „Lightning talks“, bei denen jeder, der möchte, sein Anliegen (welcher Art auch immer) vor einem relativ großen Lektoren-/Indexer-Publikum vorbringen kann, und zwar in nicht mehr als 5 Minuten.

Abends gibt es einen feierlichen Empfang und ein Galadinner.

Montag, 7.9.: Der Tag besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen:

  • vormittags wieder parallel laufende Arbeitssitzungen und
  • nachmittags zwei Plenarveranstaltungen, die der Zukunft von Editing, Proofreading und Indexing gewidmet sind (eine Podiumsdiskussion und eine Vorlesung).

Besondere Erlebnisse am Samstag

Angekommen bin ich vormittags, und um 14 h ich gehe in die erste Veranstaltung, eine „Pre-Conference Session“. Ich hatte mir schon im Vorfeld das Thema PerfectIt ausgesucht. PerfectIt ist ein Zusatztool zu Word, das Lektoren und Redakteure auf Inkonsistenzen hinweist, also z. B. darauf, ob ein Wort einmal mit Bindestrich, einmal ohne geschrieben wurde, ob schließende Klammern fehlen und vieles mehr. Der Entwickler selbst, David Heuman, erläutert das Computerprogramm. Zum Schluss der Sitzung weise ich David auf meine bisherigen – durchweg guten – Erfahrung mit PerfectIt bei deutschen Texten hin, und er ist daran interessiert, mehr vom VFLL zu erfahren. Er bittet mich, den Kontakt zum Vorstand herzustellen.

Danach heißt es zurück zum Tagungsbüro, denn ich muss mich noch offiziell anmelden. Mit der Anmeldung gibt es die aktuellen und ausführlichen Tagungsunterlagen sowie ein Namensschild (mit Nennung des Herkunftsorts). Man steht zusammen im Empfangsbereich, es gibt Kaffee, Tee und Wasser, auch Cookies, wenn man möchte. Ich komme mit einigen Leuten ins Gespräch und muss natürlich immer wieder die Frage beantworten, ob es in Deutschland ebenfalls so etwas wie eine Society of Editors and Proofreaders gibt. Schon bei meiner ersten Beschreibung von „Verband der freien Lektorinnen und Lektoren“ – Society of free-lance female editors and male editors – ergibt sich eine kleine Diskussion über die Eigenheiten der deutschen Sprache. Aber die Gender-Problematik ist natürlich allen bewusst.

Alle sind überrascht, dass wir mit etwa 750 Mitgliedern ein solch großer Verband sind. Die SfEP hat rd. 2200 Mitglieder, wobei – im Unterschied zum VFLL – hier auch festangestellte Lektoren Mitglied sind.

VFLL-Mitglied Walter Greulich auf der Konferenz von SfEP und SI

Anmeldung. Blick zum Tagungsbüro (links)          Bild: Walter Greulich

Ich bin zwar in erster Linie als SfEP-Mitglied und als VFLL-Botschafter auf der Konferenz, aber als Indexer habe ich vor fünf Jahren zum ersten Mal an einem internationalen Meeting von Indexern in Middelburg, Niederlande, teilgenommen. Die britische Society of Indexers, SI, ist zweiter Veranstalter der Konferenz in York. Und so begegne ich etlichen Indexerinnen und Indexern, die ich bereits damals kennengelernt habe. Einer der Vorteile der englischen Sprache ist, dass sie weltweit gesprochen wird. Und so verwundert es nicht, dass in York etliche Teilnehmer aus Übersee angereist sind: von den USA über Australien bis China. Auch aus dem europäischen Ausland (also aus britischer Sicht ebenfalls „overseas“) sind Besucher da: z. B. Niederlande, Frankreich, Italien und Deutschland. Eine der SI-Sessions ist daher ganz internationalen Aspekten des Indexing gewidmet. Dabei war vorgesehen, dass die Vertreterinnen aus den Niederlanden über die Situation in Deutschland berichten. Maureen McGlashan, die Chefredakteurin der Zeitschrift The Indexer, bittet mich in der Teepause aber spontan, später in der SI-Session den Deutschland-Part zu übernehmen und etwas zum Deutschen Netzwerk der Indexer zu erzählen. Ich schlucke, weil ich unsicher bin, ob mein etwas eingerostetes Englisch für eine solche aus dem Stegreif zu haltende Präsentation ausreicht. Doch mir ist klar, dass ich da durch muss…

Inzwischen ist es 16.30 h und der formelle Teil der Konferenz beginnt: die General Meetings. In der Lecture Hall (einem der zentralen Hörsäle des Derwent-College) versammeln sich die anwesenden Mitglieder beider Gesellschaften: über 200 Personen! Dabei ist zu bedenken, dass viele Mitglieder in beiden Gesellschaften sind. Der Hörsaal ist ordentlich gefüllt: eine beeindruckende Kulisse!

Die Lecture Hall füllt sich. Bild: Walter Greulich

Die Lecture Hall füllt sich. Bild: Walter Greulich

Nach der Konferenz-Eröffnungsrede verlassen die reinen SI-Mitglieder sowie einige Doppel-Mitglieder das Plenum. Die SI veranstaltet parallel ihre eigene Generalversammlung, deren zweiter Teil international ausgerichtet ist und zu dem ich später hingehen werde. Aber erst einmal bleibe ich und nehme an der SfEP-Sitzung teil.

Auf die Einzelheiten des Meetings möchte ich hier nicht eingehen. Aber ein paar generelle Eindrücke seien wiedergegeben. Auf dem Podium sitzen nur zwei Mitglieder der Society: Sarah Peacock, die Vorsitzende, und Bridget Buckle, die für die Finanzen zuständig ist. Über die verschiedenen Punkte der Tagesordnung wird per Handzeichen abgestimmt. Abstimmen können nur Professional und Advanced Professional Members (PM und APM), die Beginners oder Associates, zu denen ich gehöre, haben kein Stimmrecht. Zu einem PM oder APM wird man durch Nachweis von Qualifikationen, die in einem ausführlichen Papier beschrieben sind. Unter anderem wird kontinuierliche Fortbildung gefordert. Fortbildungen und die Teilnahme an Konferenzen bringen Punkte. Wenn man genügend Punkte gesammelt hat, steigt man in der Mitgliederhierarchie eine Stufe nach oben. Für die Teilnahme an der York-Konferenz habe ich z. B. 3 Punkte bekommen. Noch erwähnenswert: Das Meeting vermittelt mir den Eindruck, der Männeranteil an den Mitgliedern sei größer als im VFLL. Und tatsächlich: Wie ich in Gesprächen erfahre, liegt er bei etwa 25 % (VFLL: 18 %).

Gegen 17.45 h verlasse ich das Meeting und begebe mich zur internationalen Sitzung der SI.

Meinen Bericht zur Lage des Deutschen Netzwerks der Indexer bringe ich ganz gut hinter mich, nun lausche ich den Worten des Vertreters der chinesischen Indexer. Wenn ich es richtig verstanden habe, hat der chinesische Indexer-Verband 5000 (in Worten: fünftausend) Mitglieder! Hauptthema scheint das Schaffen von Standards zum Indexing zu sein.

Nach dem gemeinsamen Abendessen (ab 19 h) komme ich in der neben dem Speisesaal liegenden Bar ins Gespräch mit einigen Personen aus dem SfEP-Vorstand wie z. B. John Firth, der in der SfEP für die Betreuung der Mitglieder zuständig ist. Er ist natürlich an Informationen über die Mitglieder des VFLL interessiert (die ich ihm so gut ich kann gebe) und schlägt vor, dass z. B. Informationen über Veranstaltungen (insbesondere auch Fortbildungsveranstaltungen) zwischen beiden Gesellschaften ausgetauscht werden könnten. Ich denke, da kommt eine kleine Aufgabe auf mich zu, die ich aber gerne annehme… Ich lerne auch einige deutsche Lektorinnen kennen, die seit mehreren Jahren in Großbritannien leben.

Großes Bild: Walter Greulich, Lucy Metzger und Christine Vaughan (rechts) © Rich Cutler 2015

Weiterlesen:

zweiter Konferenztag

dritter Konferenztag

Der vollständige Artikel als PDF: http://www.vfll.de/fileadmin/pdf/Artikel/sfep_york_2015_blog_beitrag_kurz_IB.pdf

2 Gedanken zu „Vom Leid mit dem jungen Apostrophen

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