„Unbias the News“ (Coverfoto)

Rezension zu „Unbias the news. Warum Journalismus Vielfalt braucht.“

Angelika Pohl, Lektorin und VFLL-Kollegin aus Hamburg, besuchte kürzlich eine Lesung im Rahmen der Global Investigative Journalism Conference (GIJC). Nun hat sie für den VFLL-Blog über das Buch „Unbias the News“, eine Kooperation von Hostwriter und CORREKTIV, eine Rezension verfasst.

Von Angelika Pohl

„Unbias the News“ – der Titel fordert auf, (die) Nachrichten von Vorurteilen zu befreien. Der Untertitel „Warum Journalismus Vielfalt braucht“ gibt den Weg vor, wie das überhaupt nur erreichbar ist.

Die Entstehungsgeschichte von „Unbias the News“ ist beeindruckend konsequent. Hier haben international gut 43 Autor*innen und Redakteur*innen zusammengearbeitet. Ausgewählt wurden die 30 Texte von einem 10-köpfigen Hostwriter-Team aus 10 Ländern, von denen 9 nicht in Europa liegen. Entsprechend vielfältig sind die Beiträge.

Für Lektor*innen, auch die, die nicht im Journalismus arbeiten, letztendlich natürlich für jede*n ist die Lektüre eine Erinnerung, dass Objektivität subjektiv ist. Dieses Buch ist entstanden in einer Kooperation von Hostwriter mit CORRECTIV. Zwei Garant*innen für Qualitätsjournalismus.

Journalismus braucht Vielfalt

Weiße, (mittel)alte Männer aus mittleren und oberen Schichten von westlich geprägten Gesellschaften sind nicht an sich schlechte Journalisten, aber sie können es rein logisch allein, ohne Unterstützung von „außen“ einfach nicht richten. Journalismus braucht Vielfalt, braucht Junge wie Alte, Dicke und Dünne, braucht Personen aller Geschlechter ebenso wie Personen, die von sozialen, z. B. an Heterosexualität geknüpften Normen abweichen, braucht verschiedene Ethnien, alle möglichen Weltanschauungen und Religionen, braucht die diversen Ausprägungen von Betroffenheit und -sein, braucht Schüchterne wie Draufgänger*innen, braucht die Ausgrenzungserfahrungen von Menschen mit einer „anderen“ Hautfarbe oder mit körperlicher Einschränkung, braucht die Perspektiven aus allen sozialen Schichten und Input unterschiedlichster Berufsgruppen, braucht echte weltweite Drauf-, Ein- und Ansichten genauso wie Lokales.

Aha-Erlebnisse an unterschiedlichen Stellen

„Unbias the News“ (Coverfoto)

Cover des von Angelika Pohl rezensierten Buches „Unbias the News“, Foto: (c) Angelika Pohl / Cover: (c) CORRECTIV-Verlag

Beim Lesen dieses Buchs werden die Aha-Erlebnisse an unterschiedlichen Stellen auftreten, je nach eigenem Hintergrund. Sie werden sich besonders dort einstellen, wo Details beschrieben werden. Details, also Begebenheiten, die Theorie fühlbar machen, sind in den Erfahrungsberichten nicht in gleichem Ausmaß eingearbeitet. Einige beschriebene Situationen sind sehr anschaulich, sie sind überraschend oder auch erschreckend. Andere Beiträge bleiben eher im Allgemeinen, bestätigen, was sich Interessierte und Informierte bereits gedacht hatten. Und genau das tun diese Texte, sie sagen: Es ist nicht neu, aber es ist immer noch so! Der Journalismus ändert sich zu wenig und zu langsam.

Recht viele Beiträge gehen um Sexismus sowie um Rollen und Nichtrollen von Frauen. Die Erklärung ist simpel. Frauen sind die Hälfte der Erdbevölkerung, aber ihnen gehört noch lange nicht die Hälfte des Himmels.

Im Rahmen der 11. Global Investigative Journalism Conference (GIJC) Ende September in Hamburg wurde „Unbias the News“ per kleiner Lesung und anschließender Diskussion vorgestellt. Nicht jede Autor*in konnte selbst anwesend sein, deshalb las eine Kollegin den Text über den Aspekt der ausgrenzenden Dominanz des Englischen; und sie sprach ausgerechnet diesen Text sehr, sehr schnell. Sie war halt englische Muttersprachlerin … – So much to learn! In diesem Sinne: Lesen Sie „Unbias the News“. Ein gutes Buch, den Weg zu sichern, den Horizont zu erweitern und unbekannte Erfahrungswelten verstehen zu lernen.

Text: Angelika Pohl


Unbias the News. Warum Journalismus Vielfalt braucht. Hrsg. von Hostwriter, CORRECTIV-Verlag, 1. Auflage, 2019. 224 Seiten, Hardcover, 25,00 Euro, ISBN: 978-3-948013-04-2.
Auf Deutsch und Englisch erhältlich.

Das Buch bei Correctiv. Es ist außerdem über den Buchhandel und online erhältlich.

Die Website zum Buch

Lead-Autor*innen: Asma Abidi, Wafaa Albadry, Brigitte Alfter, Mónica Baró Sánchez, Daniel Bates, Irene Caselli, Michaela Cavanagh, Chinula Mandla, Amber D. Dodd, Christina Elmer, Atokhon Ganiev, Tabea Grzeszyk, Emran Feroz, Bex vanKoot, Tina Lee (Editor-in-Chief), Charles Nisz, Silvia Nortes, Marielba Núñez, Priscila Pacheco, Tanya Pampalone, Jelena Prtoric, Randrianarisoa Riana Raymonde, Purple Romero, Ahmad Sabri, Lakshmi Sarah, Anuradha Sharma, Ali Shehab, Qian Sun, Kolawole Talabi, Laura Vargas-Parada, Shona Yang


Angelika Pohls Website und Profil im VFLL-Verzeichnis

2 Gedanken zu „Rezension zu „Unbias the news. Warum Journalismus Vielfalt braucht.“

  1. Pingback: Rezension zu Rebecca Yarros: Fourth Wing – Flammengeküsst - VFLL-Blog

  2. Angelika Pohl

    Ergänzung im März 2021:
    Die Website: unbiasthenews.org
    Zitat:
    „Unbias the News is a new, remote global newsroom dedicated to showcasing international journalism that breaks through geographical or other structural barriers.“

    Noch bis zum 18. April können Pitches eingereicht werden.
    Zitat:
    „[…] we are inviting journalists from all over the world to pitch us underreported stories with cross-border relevance.“

    Nähere Informationen finden Sie auf der Website.

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