Vorsitzende des Verbands Freier Lektorinnen und Lektoren, Felix Wolf

„Ich habe gelernt, auch mal Nein zu sagen“

Im vierten Teil unserer Serie „VFLL-Vorstandsmitglieder plaudern aus dem Nähkästchen“ spricht Felix Wolf über routiniertes Arbeiten, Vereinbarkeit von Familie und ehrenamtlichem Engagement und neu erworbene Fähigkeiten. Der Vorstand unseres Berufsverbands besteht aus fünf bis sieben Mitgliedern und wird alle zwei Jahre auf der Mitgliederversammlung neu gewählt, das nächste Mal am 23. September in Nürnberg.

Was hatte dich bei deiner ersten Wahl in den VFLL-Vorstand zu einer Kandidatur bewogen?

Das Vertrauen der anderen Mitglieder. Als die Frage im Raum stand, wer sich zur Wahl stellt, wäre ich nie im Leben darauf gekommen, mich zu melden. Dann hörte ich meinen Namen aus dem Mund Wolfgang Pasternaks, der mich zur Kandidatur vorschlug, und bekam erst mal einen gehörigen Schreck. Im ersten Moment habe ich abgewunken, zumal ich kurz davor stand, zum ersten Mal Vater zu werden. Vor beiden Aufgaben hatte ich großen Respekt. Aber dann dachte ich mir: Warum eigentlich nicht? Wenn andere mir das zutrauen, warum tue ich das nicht selbst auch? Und ich habe festgestellt: Sowohl beim Elternsein als auch im Vorstandsamt wächst man mit seinen Aufgaben, und das ist sehr bereichernd.

Wie viel Zeit hast du in den letzten zwei Jahren durchschnittlich dem Vorstandsamt gewidmet – monatlich, wöchentlich oder täglich?

Ich denke, im Durchschnitt waren das 3 bis 4 Stunden pro Woche.

Wie oft habt ihr euch getroffen – live oder am Telefon?

Einmal pro Woche, am Dienstagvormittag, hatten wir unsere Telefonkonferenz. Diesen Termin fand ich sehr wichtig, denn er hat Verbindlichkeit in das Engagement gebracht und war notwendig, um an den vielen unterschiedlichen Themen und Vorgängen im Verband dranzubleiben. Ein besonders schönes Erlebnis waren die halbjährlichen persönlichen Treffen auf den Lektorentagen und bei der Arbeitstagung in Kassel. Da wir uns so gut verstehen und ein gutes Team sind, hat mir das auch persönlich viel gegeben.

Wie habt ihr untereinander im Vorstand und mit den anderen Aktiven im VFLL kommuniziert?

Die Telefonkonferenzen waren der Dreh- und Angelpunkt der Kommunikation, denn bei sieben Vorstandsmitgliedern geht es nicht ohne das persönliche Gespräch. Deswegen hielten sich die Abstimmungen per Mail glücklicherweise in Grenzen. Andere Aktive kamen regelmäßig oder nach Bedarf zu den Telefonkonferenzen dazu. Bei der Vielfalt des Engagements im Verband konnten wir damit natürlich längst nicht alles Wichtige abdecken, und so haben einzelne Vorstandsmitglieder entsprechend ihren Zuständigkeiten und Steckenpferden auch viele Eins-zu-eins-Telefonate und ‑Mailwechsel geführt.

Stellt sich mit der Zeit eine gewisse Routine ein, damit die Arbeit schneller geht?

Ja und nein. Einerseits hat man natürlich irgendwann einen besseren Einblick in die Verbandsstrukturen, kennt viele Mitglieder und weiß, wen man in welchen Dingen ansprechen kann. Andererseits kommen immer wieder neue Themen, in die man sich einarbeitet. Das ist ja auch das Spannende an der Vorstandsarbeit.

Konntest du mit gutem Gewissen mal krank werden oder in Urlaub fahren? Haben die anderen deine Aufgaben übernommen?

Ja. Das war ein Aspekt, der mir die Mitarbeit im Vorstand enorm erleichtert hat. Wir waren uns alle einig über die Prioritätensetzung in Bezug auf das Amt: Familie, Privatleben und Erwerbsarbeit gehen vor, danach kommt der VFLL. Anders wäre das Ehrenamt für mich nicht zu stemmen gewesen, zumal mit kleinen Kindern zu Hause. Dieses gemeinsame Verständnis hat übrigens nicht dazu geführt, dass ständig die Hälfte des Vorstands nicht zur Verfügung stand und Arbeit liegenblieb. Im Gegenteil: Ich finde, wir waren mit Ausdauer bei der Sache und haben einiges geschafft. Eine Voraussetzung dafür war natürlich, dass das Gremium mit sieben Mitgliedern großzügig besetzt ist. Da gilt ein großer Dank den vorangegangenen Vorständen, die das in weiser Voraussicht entschieden haben.

Was passiert, wenn die eigentliche Erwerbsarbeit so viel wird, dass man sich nicht um VFLL-Angelegenheiten kümmern kann?

Dann setzt man aus, und keiner ist einem gram. Siehe oben.

Wie habt ihr euch die Arbeit verteilt? Müssen alle alles machen? Spielen da auch die persönlichen Vorlieben eine Rolle?

In der Tat haben wir viele Aufgaben nach persönlichen Vorlieben aufgeteilt – ein weiterer Faktor, der die Freude an der Arbeit dauerhaft erhalten hat. Ich z. B. war Ansprechpartner für IT-Fragen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und interne Kommunikation sowie die Themen Digitalisierung und Selfpublishing. Das hieß aber nicht, dass sich nicht auch jede andere darum gekümmert hätte, wenn ich keine Zeit hatte. Daneben gab es die regelmäßig wiederkehrenden Aufgaben wie die Protokolle der Telefonkonferenzen, die Beantwortung von E-Mails an den Vorstand etc. Die haben wir im wöchentlichen Wechsel übernommen, je nach persönlichen Kapazitäten.

Wie viel Gestaltungsfreiheit hat man als Vorstandsmitglied des VFLL?

Die einzige Grenze für den Gestaltungsspielraum ist der Rahmen, dem wir als Vorstand verpflichtet sind: die Interessen der Mitglieder und des Verbands und unsere Satzung. Innerhalb dieses Rahmens liegt es an jeder und jedem selbst, eigene Akzente zu setzen oder auch nicht. Aber die Arbeit wäre natürlich furchtbar langweilig, wenn man einfach nur das Bestehende verwalten würde.

Gibt es etwas aus der nun fast abgelaufenen Amtszeit, auf das du besonders stolz bist?

Ich denke, wir haben es in den vergangenen Jahren geschafft, den Austausch zwischen den Gremien und den Mitgliedern zu verbessern und etwas von der falschen Ehrfurcht abzubauen, die gegenüber dem Vorstand herrschte. Es war uns ein Anliegen zu vermitteln, dass wir im Vorstand nicht „die da oben“ im Elfenbeinturm sind, sondern Verbandsmitglieder wie alle anderen, die man jederzeit ansprechen kann und soll. Das ist uns zu einem guten Teil gelungen, auch wenn es da immer noch einiges zu tun gibt. Außerdem haben wir mit der Vorstandsarbeit dazu beigetragen, dass der Verband bekannter geworden ist und in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird – was sich zum Beispiel in Presseanfragen, Veranstaltungseinladungen, neuen Kooperationen und natürlich auch in den steigenden Mitgliederzahlen niederschlägt. Nicht zuletzt bin ich stolz darauf und sehr froh darüber, dass sieben Leute über vier Jahre hinweg konstruktiv und mit sehr viel Teamgeist zusammengearbeitet haben. Vielleicht ist diese Kontinuität sogar das größte Verdienst für den Verband.

Konntest du etwas Nützliches durch die Vorstandsarbeit lernen?

Prioritäten setzen und auch mal Nein sagen. Den Arbeitsalltag (noch besser) strukturieren. Und wie man es schaffen kann, dass eine Telefonkonferenz nicht ausufert.

Wirst du auf der kommenden Mitgliederversammlung im September in Nürnberg wieder für ein Vorstandsamt kandidieren? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Nein, denn in den kommenden Monaten werde ich in meiner Familie wieder stärker gefordert sein. Ich denke auch, jetzt ist ein guter Zeitpunkt aufzuhören: Es kann für den Verband ein guter Impuls sein, wenn nach vier Jahren andere Kolleginnen oder Kollegen mit neuen Ideen in die Vorstandsarbeit gehen. Im Rahmen des Kommunikationsteams werde ich aber weiterhin für den VFLL aktiv sein.

Angenommen, ich wollte für den VFLL-Vorstand kandidieren – welche Eigenschaften sollte ich unbedingt mitbringen?

Offenheit, Entscheidungsfreude, Teamgeist und Spaß am Austausch mit anderen. Und einen guten Blick für die eigene Work-Life-Balance – denn der VFLL braucht engagierte, aber keine erschöpften Vorstände.

Interview: Sebastian Petrich

Bild: Felix Wolf (c) Joy E. Kröger


Die Mitgliederversammlung (MV) mit Vorstandswahl findet am Sonntag, 23. September 2018, in Nürnberg im Rahmen der Lektorentage statt. Die Lektorentage sind ausgebucht. Wer als VFLL-Mitglied nur zur MV kommen möchte, ist dazu herzlich eingeladen. Eine Anmeldung dafür ist nicht nötig, und die Teilnahme ist kostenfrei. Für den Vorstand kandidieren kann jedes ordentliche Mitglied.

Felix Wolfs Website und Profil im Lektorenverzeichnis


Hier geht es zu einem früheren Interview mit Felix Wolf

Weitere Interviews der Reihe:

Ute Gräber-Seißinger

Christiane Kauer

Ulrike Frühwald

2 Gedanken zu „„Ich habe gelernt, auch mal Nein zu sagen“

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