Dr. Inga Meincke, Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren

„Einfach mal machen – und schauen, was das verändert“

Zum Abschluss unserer Interviewreihe spricht die VFLL-Vorsitzende Dr. Inga Meincke über die Lernerfahrungen, die sie in den vergangenen sieben Jahren machen durfte, und eines ihrer Herzensthemen: die Öffnung des Verbands für alle freien Lektorinnen und Lektoren.

Von Sebastian Petrich

Was hatte dich bei deiner ersten Wahl in den VFLL-Vorstand zu einer Kandidatur bewogen?

Es war meine erste MV – Berlin 2011 –, und es wurde noch dringend jemand fürs Vorstandsteam gesucht, wie ich den auf der Zugfahrt gelesenen Einladungsunterlagen entnahm. Da habe ich mir gedacht: Einfach mal machen – und schauen, was das verändert. Auch für mich persönlich.

Wie viel Zeit hast du in den letzten zwei Jahren durchschnittlich dem Vorstandsamt gewidmet – monatlich, wöchentlich oder täglich?

Das war stark schwankend, da projektabhängig. Was ich aber sagen kann: Ich hätte gern sehr viel mehr gemacht! Hauptberuflich VFLL-Vorsitzende, das wär’s.

Wie oft habt ihr euch getroffen – live oder am Telefon?

Neben den Lektorentagen und unserer VFLL-internen Arbeitstagung zu Jahresbeginn treffen wir einmal die Woche ein bis anderthalb Stunden telefonisch zusammen – meistens ein super konstruktiver Team-Termin, also diese Art freundlich-konstruktiver Zusammenarbeit wünsche ich mir anderenorts oft.

Wie habt ihr untereinander im Vorstand und mit den anderen Aktiven im VFLL kommuniziert?

Per Telefon, über E-Mail, auf unserem kleinen VFLL-Intranet – für das wir gerade an einer leistungsstarken Nachfolgelösung basteln, die unsere gesamte Verbandsöffentlichkeit einbinden kann.

Stellt sich mit der Zeit eine gewisse Routine ein, damit die Arbeit schneller geht?

Auf jeden Fall. Außerdem haben wir effiziente und motivierende Strukturen im Verband, die uns und den Vorständen nach uns das Tun erleichtern, Unterstützung durch Vera Seehausen und Veronika Adelmann in unserer Geschäftsstelle und die vielen ehrenamtlich Aktiven. So können wir uns aufs Wesentliche konzentrieren. Und uns liegt an einer Kultur der Eigenverantwortung, der Nutzung von Handlungsspielräumen in unserem Verband, bei allen Akteuren liegt so viel Kompetenz und Expertise – da muss ja nicht alles vom Vorstand kommen, das kann man nicht oft genug unterstreichen.

Konntest du mit gutem Gewissen mal krank werden oder in Urlaub fahren? Haben die anderen deine Aufgaben übernommen?

Also, wenn sich das Ehrenamt „Vorstand im VFLL“ nicht mit dem Leben, nicht mit Familie und Beruf vereinbaren ließe – also dann, meine ich, liefe etwas grundsätzlich schief bei uns.

Was passiert, wenn die eigentliche Erwerbsarbeit so viel wird, dass man sich nicht um VFLL-Angelegenheiten kümmern kann?

Dann ruhen die VFLL-Angelegenheiten komfortabel in ihrem VFLL-roten Ablagefach …

Wie habt ihr euch die Arbeit verteilt? Müssen alle alles machen? Spielen da auch die persönlichen Vorlieben eine Rolle?

Vorlieben sind entscheidend! Wo mein Herz ist, bin ich am besten, und das völlig mühelos – mit angezogener Handbremse zu arbeiten ist doch reine Energieverschwendung.

Gibt es etwas aus der nun fast abgelaufenen Amtszeit, auf das du besonders stolz bist?

Die Öffnung unseres Verbandes 2017 für wirklich alle freien Lektorinnen und Lektoren – das lag mir besonders am Herzen. Dass wir damit festgeschrieben haben, dass für uns Professionalität und Qualität zählt, nicht der zeitliche oder formale Umfang unseres Tuns. Und wichtig für mich auch – Stichwort Freies Lektorat als Teil des gelungenen Lebens … – war die Einführung der Kinderbetreuung auf unseren jährlichen Lektorentagen. Auch wenn wir in dem Punkt natürlich noch nicht da sind, wo wir gern sein würden.

Konntest du etwas Nützliches durch die Vorstandsarbeit lernen?

Für mich war die Vorstandsarbeit unglaublich wertvoll! Zum Beispiel die Erfahrung, wie bereichernd es ist, wie viel Spaß es macht, aktiv zu sein und Dinge zu gestalten, eine Idee in die Wirklichkeit zu überführen. Und dass ein gutes Team alles toppt. Mit die wichtigste Lernerfahrung war: Wenn du es nicht machst, macht es jemand anderes – und klar, der macht es dann so, wie es ihm passt. Ich habe auch gelernt, dass man Dinge machen kann, von denen man dachte, dass sie einem nicht liegen, ich habe mich nicht als die geborene Bühnentigerin gesehen … Womit ich auch sagen möchte: Wir brauchen – nicht nur im VFLL – für eine wirklich produktive Entwicklung viel, viel mehr Scheue, Zweifelnde, Sanfte in Entscheidungspositionen, die „geborene Führungskräfte“ ausbalancieren!

Wirst du auf der kommenden Mitgliederversammlung im September in Nürnberg wieder für ein Vorstandsamt kandidieren? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Nein. Abgesehen vom Symbolischen (ich bin jetzt sieben Jahre im Vorstand): Künftig möchte ich meine ehrenamtliche Energie verstärkt für mein Engagement im Kartoffelkombinat (einfach mal auf einen Internetbesuch vorbeischauen!) und in unserem „Stadtviertelparlament“ einsetzen. Außerdem gibt es da noch eine kleine Produktidee, etwas Praktisches zum Radeln, das würde ich doch einmal gern Wirklichkeit werden lassen …

Angenommen, ich wollte für den VFLL-Vorstand kandidieren – welche Eigenschaften sollte ich unbedingt mitbringen?

Offenheit für neue Erfahrungen, für neue Ideen, bei sich und anderen. Einfach mal anfangen, austesten und dann ggf. nachjustieren, statt Ewigkeiten nach der wasserdichten einen Lösung zu suchen. Und sich dieses Roosevelt-Zitat ans Regal pinnen, das ich Brené Browns Buch Daring Greatly verdanke: „It is not the critic who counts; not the man who points out how the strong man stumbles, or where the doer of deeds could have done them better. The credit belongs to the man who is actually in the arena …“

Interview: Sebastian Petrich
Porträtbild: © Sonja Allgaier


Dr. Inga Meinckes Profil im VFLL-Lektorenverzeichnis


Die Mitgliederversammlung (MV) mit Vorstandswahl findet am Sonntag, 23. September 2018, in Nürnberg im Rahmen der Lektorentage statt. Die Lektorentage sind ausgebucht. Wer als VFLL-Mitglied nur zur MV kommen möchte, ist dazu herzlich eingeladen. Eine Anmeldung dafür ist nicht nötig, und die Teilnahme ist kostenfrei. Für den Vorstand kandidieren kann jedes ordentliche Mitglied.


Hier geht es zu einem früheren Interview mit Inga Meincke

Weitere Interviews der Reihe:

Annette Gillich-Beltz

Ute Gräber-Seißinger

Christiane Kauer

Ulrike Frühwald

Felix Wolf

Ein Gedanke zu „„Einfach mal machen – und schauen, was das verändert“

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